Die Digitalisierung in Niedersachsen, oder warum zu viele Köche den Brei verderben

Im August 2018 hat die niedersächsische Landesregierung mit großem Tamtam ihren „Masterplan Digitalisierung“ vorgestellt. Seit dem ist nicht so viel passiert. Wenn man sich die Situation im Land anschaut, dann ist das allerdings auch gar kein Wunder. Die Kompetenzen bei der Digitalisierung sind so stark verteilt, dass auch die fähigste Beamtin und der fähigste Beamte nicht mehr durchschaut, wer eigentlich gerade für was genau zuständig ist. Von den Bürgerinnen und Bürgern brauchen wir da gar nicht erst zu reden.

Eigentlich beherbergt das Innenministerium (SPD) den CIO (Chief Information Officer) des Landes. Die Idee hinter einem CIO ist, dass er alle Dinge, die die Digitalisierung des Landes betreffen zentral steuert und entscheidet. Dass es ihn gibt, ist also erst einmal eine gute Idee. Außerdem ist da noch der etwas träge Landesbetrieb IT.Niedersachsen im Ministerium, der im Prinzip gut dafür geeignet wäre, die Pläne des CIOs dann auch in die Praxis umzusetzen. Keine ganz so schlechten Voraussetzungen, könnte man denken.
Leider fehlt da noch ein kleines Detail im Bild. Das Innenministerium ist für die Digitalisierung eigentlich gar nicht zuständig. Das ist nämlich das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung (CDU). Hier wurde der „Masterplan Digitalisierung“ entwickelt und hier wurden auch etliche neue Stellen geschaffen, wofür andere Ressorts dann ihren Haushalt kürzen mussten. Auch ein Großteil der Digitalisierungsmilliarde aus der VW-Strafe im Dieselskandal wird im „Digitalministerium“ verwaltet. Was mit dem ganzen Geld angestellt wurde ist leider nicht so transparent. In jedem Fall ist das Ministerium personell und finanziell gut ausgestattet, um die Digitalisierung ganz weit nach vorne zu bringen. Alleine scheint nicht so ganz klar zu sein, wo genau denn jetzt vorne ist.

Es kommen nämlich noch ca. 60 weitere IT-Abteilungen in der Landesverwaltung hinzu, frei nach dem Motto, lieber selber machen, denn wer weiß schon, wer in diesem Laden überhaupt für was zuständig ist. Da ist dann auch dem Landesrechnungshof aufgefallen, dass das eigentlich nicht effizient funktionieren kann. Selbstredend, dass die Kommunen auch alle ihr eigenes Ding machen. Wäre ja noch schöner.
Wie da eine kleine Samtgemeinde bei der Digitalisierung durchstarten will, bleibt mir ein Rätsel.
Welche Auswirkungen die Kleinstaaterei hat, sieht man dann z.B. bei der niedersächsischen Bildungscloud. Die hätten unsere Schulen in der Pandemie bitter nötig gehabt und die ersten Planungen waren sogar recht vielversprechend. Das dafür dann wieder ein neuer IT-Laden aufgemacht wurde, geschenkt. Am Ende ist dann von den großen Plänen doch nicht soviel übrig geblieben, sodass unsere Kinder zum Beginn von Corona mal wieder im Regen standen.

Ein weiteres heißes Thema ist die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes hat Niedersachsen bei diesem Thema die Federführung übernommen! Eigentlich ist das Land somit seit ca. 2 Jahren dafür zuständig, dass bis Ende 2022! in ganz Deutschland mal so richtig durchdigitalisiert wird bei den Kliniken, den Gesundheitsämtern, den Arztpraxen und allen sonstigen Beteiligten. Man munkelt, dass es im hiesigen Gesundheitsministerium ein kleines Team gibt, dass sich das Thema mal anschaut. Ansonsten hört man nicht viel, was ja durchaus eine schlaue Strategie ist, wenn man nicht so viel auf die Reihe bekommt. Ein Schelm, wer da an die missglückte digitale Pandemiebekämpfung während Corona denkt. SORMAS lässt grüßen.

Vielleicht ist es ein Zeichen, dass die wichtigste Computermesse der Welt nicht mehr in Niedersachsen ist. Niedersachsen spielt bei der Digitalisierung nämlich schon seit langem in der Kreisklasse. Wir brauchen mehr digitale Kompetenz bei allen, die Verantwortung für unser Land tragen, damit die Digitalisierung in Niedersachsen endlich vom Fleck kommt. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten es von uns.

Tilman Krösche, Dezember 2021